Hohe Tatra Überquerung

Meine Route
Hohe Tatra
Tag 1 – von Bochum über Polen in die Slowakai

Kurz vor 06:00 Uhr in Bochum, der Rucksack ist gepackt, das Auto vollgetankt, Hörbücher, Obst und Naschzeug liegen ausreichend bereit, meine Stimmung ist super und ich bin voller Neugier auf das, was mich in den nächsten Tagen erwartet. Los geht’s, das Navi zeigt, das 1196 km vor mir liegen und ich knapp 12 Stunden dafür brauchen werde – plus Pausen, tanken, essen und Stau.

Die Fahrt klappt reibungslos, ich fahre an endlos großen Kornfeldern vorbei, die rechts und links bis zum Horizont reichen, aber auch an Halden, Zechen und riesigen Tagebau-Baggern. Kurz vor neunzehn Uhr sehe in der Ferne mein Ziel auftauchen, die Hohe Tatra auf der slowakischen Seite.
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Während ich langsam über die Landstraße um die Hohen Tatra herum fahre, fühle ich mich in der Zeit zurückversetzt, immer wieder begegnen mir Pferdefuhrwerke auf den Straßen und den Feldern, das hatte ich nicht erwartet.
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Rechts und links der Straße stehen vereinzelte rustikale Holzhäuser, die aus dicken Bohlen gebaut sind. Ab und zu erkenne ich ein Gasthaus oder Restaurant, es gefällt mir hier und sieht sehr rustikal aus. In Belianske Tatry trete ich auf die Bremse und finde ein schlichtes, aber gemütliches Zimmer. Ich spreche kein Slowakisch, aber die Verständigung klappt trotzdem gut, ein wenig deutsch, ein wenig englisch, ein freundliches Lachen und schon ist das Zimmer gebucht. Bei der Speisenkarte im Restaurant ist es etwas schwieriger, denn die ist natürlich nur in Slowakisch. Ich entscheide mich erst einmal für etwas Bekanntes, Schnitzel und Pommes und Bier. Experimentiert wird erst ab morgen.
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Tag 2 – Stary Smokovec

Zum Frühstück gibt es Graubrot und Leberwurst und Gurken und kleine, deftige Würste und geräucherten Käse. Als ich aus dem Haus trete, sehe ich, dass direkt gegenüber der Eingang zu den Belianske-Höhlen ist. Da ich mir nach der langen Fahrt heute einen etwas ruhigeren Tag gönnen will, schaue ich mir gerne die Höhlen an. Über eine Stunde laufe ich mit einer Gruppe und einem Guide der slowakisch spricht, durch die Höhle. Fast zwei Kilometer führt der Weg über mehr als 700 Stufen in den Berg hinab und wieder hinauf. Durch enge Gänge und große Hallen, vorbei an Tropfsteinen und unterirdischen Bächen und Seen.
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Gegen Mittag fahre ich weiter nach Stary Smokovec, dort will ich morgen mit meiner Wanderung beginnen.
Ich finde einen kleiner touristisch geprägter Ort, mit einigen schönen Holzhäusern,
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aber auch einem großen „Grand Hotel“.
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Mittags esse ich eine Gulaschsuppe am Imbiss
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und Abends Sauerkrautsuppe und Gulasch bei „Großmutter“.
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Sauerkrautsuppe ist ein Erlebnis, ein bisschen scharf, süßsauer und voller Sauerkrautfäden.
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Nur das Wetter ist noch nicht auf meiner Seite, aber morgen, wenn ich loslaufe, wird es bestimmt besser.
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Vielleicht mag der Eindruck nach dem ersten Tag täuschen, aber dieses Land ist nicht auf ausländische Gäste eingestellt, und wenn ich ehrlich bin, das gefällt mir total gut.

Tag 3 – Velicke Pleso

Jetzt geht es endlich los, ab in die Berge, ich bin schon ganz kribbelig und möchte endlich Felsen unter den Wanderschuhen spüren. Aber erst einmal muss ich aus dem Ort raus, zuerst über Wiesen und dann durch dichten Wald.
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Die nebelverhangenen Berge weit vor mir. Der Weg führt in den Nationalpark Hohe Tatra. Ich komme an einem kleinen Parkplatz vorbei, etwa zwanzig Autos stehen hier, die Einfahrt in den Park ist verboten und es werden hohe Strafen bei Nichtbeachtung angedroht. Alleine bin ich also nicht mit den Bären und Wölfen unterwegs, es gibt noch andere Wanderer. Die Wanderwege sind gut markiert, da kann ich mich nicht verlaufen.
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Über mir hängt eine dichte Wolkenschicht. Ich drehe mich um und sehe zurück auf den Weg, den ich aus dem Tal heraufgekommen bin. Durch einen schmalen Schlitz unter den Wolken kann ich erkennen, dass unten im Tal die Sonne scheint.
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Von Weitem kann ich schon den tosenden Wasserfall sehen und hören. Ich bin von dieser wilden und ungezähmten Natur mit den steilen Bergen und den Wolken die sich darin verfangen haben, sehr beeindruckt.
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Was von weitem wie ein gewaltiger Wasserfall aussieht, entpuppt sich beim Näherkommen als zwei einzelne Wasserfälle. Er stürzt von oben in einen See hinein und dann am anderen Ende wild schäumend weiter ins Tal hinunter. Direkt am See steht die einzige Unterkunft, das Sliezsky Dom. Hier empfängt mich eine tolle Atmosphäre, eine Mischung aus Berghütte und Hotel. Einige Tagesausflügler, die sich auf den Heimweg vorbereiten, ein paar Wanderer, die aus dem Gebirge zurück kommen, vereinzeltes metallisches Klimpern von den Ausrüstungen der Kletterer. Die kleine Terrasse, mit Blick in das sonnenbeschienene Tal, ist gut besucht und ich setze mich zu ein paar Leuten an den derben Holztisch. Wie ich es mir schon fast gedacht habe, finden wir keine gemeinsame Sprache und so bleibt es bei einem freundlichen Lachen während wir uns zuprosten.

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Tag 4 – Strbske Pleso

Ich gönne mir einen kleinen Umweg, denn es reizt mich sehr, zum Wasserfall hinaufzulaufen.
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Es lohnt sich, die Aussicht ist fantastisch, direkt zu meinen Füßen stürzt sich der Bach brausend und schäumend ins Tal, aber der See liegt unberührt und glatt in einer Mulde und ist vom Dunst der morgendlichen Wolken umgeben. An das Wetter habe ich mich schon fast gewöhnt, über mir dicke graue Wolken und wie durch ein Fenster kann ich im Tal den Sonnenschein sehen.
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Zur anderen Seite erstreckt sich eine sanfte Hochebene, durch die sich mit vielen Windungen der Bach schlängelt, der sich kurz darauf als Wasserfall ins Tal stürzt.
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Rechts und links umgeben mich immer noch hohe Berge, von denen sich unzählige Bäche herab winden. Der Himmel reißt auf und ich kann sogar etwas Blau erkennen; sollte ich heute mehr Glück mit dem Wetter haben?
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Ich schaue auf die Uhr, es ist schon fast Mittag, eigentlich liegt mein Ziel in entgegengesetzter Richtung, talabwärts.
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Die Hohe Tatra ist das kleinste Hochgebirge der Welt, und so bin ich auch schnell wieder auf dem richtigen Weg ins Tal.
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Es hat mich sehr erschreckt zu sehen, in welchem Zustand sich ein Großteil der Waldgebiete befindet. 2004 hat ein schwerer Orkan die Hälfte des Waldbestandes zerstört. Es gibt immer noch große Bereiche, in denen fast alle Bäume umgeknickt sind. Einzelne kahle Baumstämme ragen wie Mahnmale in die Höhe. Auch nach zehn Jahren sind diese Wunden noch lange nicht verheilt.
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Und dann stehe ich vor dem wohl schönsten See der Hohen Tatra, dem Strbske Pleso.
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Ein spektakuläres Panorama … und eine kleine Bausünde.
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Die Abenddämmerung verzaubert die kleinen Hotels in Märchenschlösser.
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Der See schenkt mir eine wunderschöne blaue Stunde. Ich sitze am Ufer und schaue einfach nur zu, wie die Dämmerung in die Nacht übergeht.
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Tag 5 – Popradske Pleso

Heute geht es wieder bergauf, die grobe Richtung ist bereits Polen.
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Irgendwo dort hinter den Gipfeln liegt mein Ziel.
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Ich laufe gutgelaunt durch diese wilde Landschaft. Es sind nur wenige Wanderer unterwegs, zwei Männer sind vor mir aufgebrochen und eine Vierergruppe ist noch hinter mir. Relativ einsam, was wenn jetzt ein Bär aus dem Gebüsch stürzt, bewaffnet mit Messer und Gabel, und mich als Mittagessen betrachtet? Hätte ich doch besser Pfefferspray mitnehmen oder mir gar in Polen eine Pistole organisieren sollen? Na ja, beruhige ich mich selbst, der größte Teil der Hohen Tatra ist touristisch nicht erschlossen, dort werden sich Bären, Wölfe und Luchse tummeln. Unerwartet stehe ich plötzlich vor einem kleinen Regenunterstand. Ups! Nur gut, dass ich nicht lesen kann, was auf dem Schild steht 😉
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Aber keine Sorge, ich komme unbeschadet an meinem Tagesziel an.
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In dieser Hütte habe ich ein Zimmer gefunden, hübsch sieht sie aus und gemütlich.
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Aber ich muss euch verraten, sie ist eine „umgekehrte Mogelpackung“. Bei einer Mogelpackung bekommt man ja weniger, als es von Außen den Anschein hat. Bei dieser Hütte ist es genau anders herum, sie sieht von Außen klein aus, ist aber riesengroß, bestimmt 50 mtr lang.
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Es ist so schön, nach dem Essen auf der Terrasse zu sitzen und zuzuschauen, wie der Tag zu Ende geht. Wie die meisten trinke ich dazu natürlich das Nationalgetränk auf den Hütten, einen „Tatratea“. Das hört sich gesund an, ist aber in Wirklichkeit ein Teelikör. Es gibt ihn mit verschiedenen Geschmacksrichtungen und mit einem Alkoholgehalt von 22 / 32 / 42 / 52 / 62 / 72 Prozent. Die echten, harten Jungs hier trinken natürlich einen von jeder Sorte. Ich beschränke mich auf 32 Prozent und Limonen-Geschmack.
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Tag 6 – Popradske Pleso

Eigentlich wollte ich heute auf den Rysy steigen, aber das Wetter verordnet mir einen Ruhetag. Bei diesem starken Regen ist es zu gefährlich, über den Klettersteig zum Gipfel zu wandern.
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Tag 7 – Rysy

Ihr glaubt es nicht, aber ich bin tatsächlich schon um 05:30, in Worten halb sechs, aufgestanden, weil heute früh gutes Wetter für einen Aufstieg auf den Rysy sein soll. Stimmt, ist es, die Sonne ist zwar noch nicht da, aber am Himmel ist keine Wolke zu sehen. Also los, schnell einen Kaffee und eine „Käsestulle“ und dann nichts wie ab auf den Berg.

Was machen die Benzinkanister und Colaflaschen hier auf dem Weg?
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Zuerst führt mich der Weg durch dichten Wald.
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Aber schon bald wird der Wald lichter und ich bekomme eine herrliche Aussicht auf die umliegenden Berge.
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Die Baumgrenze lasse ich schnell unter mir, der Weg wird felsiger und führt nur noch über Wiesen und durch niedriges Nadelgewächs.
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Die Aussicht wird immer beeindruckender.
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So ein großes Steinmännchen zur Abwehr von bösen Geistern habe ich noch nie gesehen. Ich mache mir ein paar Gedanken, ob der Weg ab hier steiler und gefährlicher wird.
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Er wird tatsächlich felsiger und steiler, ist aber immer noch gut zu erkennen. Oben rechts in den Wolken ist irgendwo mein Ziel.
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Dann treffe ich Victor. Ich glaube es nicht, er trägt ein 50 Liter Bierfass auf dem Rücken, ein volles! Er erzählt mir, das die Rysy-Hütte die höchste in der Hohen Tatra ist und das alles, was es auf der Hütte gibt, heraufgetragen werden muss. Nach einigen Metern biegt Victor auf eine Abkürzung ab und deutet mir, dass ich auf dem regulären Weg weitergehen solle. Ich bin sprachlos, der ist bestimmt genauso alt wie ich! Jetzt verstehe ich, warum am Anfang meines Weges Tragen und Tüten lagerten, die müssen alle zur Hütte heraufgetragen werden. Voller Bewunderung schaue ich Victor nach.
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Dann drehe ich mich noch einmal um und schaue mit der gleichen Bewunderung ins Tal, es ist einfach traumhaft schön hier.
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Wenn ich nach vorne schaue, bekomme ich Respekt vor dem Berg und bin gleichzeitig auch ein wenig stolz auf mich, das ich es hierher geschafft habe.
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Jetzt beginnt der spannende Teil, der Klettersteig. Gut, dass ich gestern bei Regen nicht losgegangen bin! Bei trockenem Wetter ist er halb so wild, eine schöne Kletterpartie.
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Ich komme meinem Ziel immer näher. Die bunten Fähnchen sehen aus wie in Nepal am Fuße des Himalayas, aber Victor wird ja auch der „Sherpa“ genannt.
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Dann sehe ich endlich die Hütte.
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Aber zuvor gibt es noch eine letzte Geschicklichkeitsprüfung, denn der Weg zur Hütte führt über ein steiles Schneefeld. Außerdem hat es mal wieder angefangen zu regnen. Um das Schneefeld besser zu bewältigen, ist ein Seil an der Hütte befestigt, das über das Schneefeld reicht. Ich versuche mich an dem Seil hochzuziehen, aber es ist ein altes Kletterseil und elastisch wie ein Gummiband. Ruckzuck liege ich im Schnee. Außerdem liegt das Seil immer wieder im Schnee und kleine, gemeine, scharfkantige Eiskristalle haben sich im Gewebe des Seils eingenistet. Es ist eisig, die Hose ist pitschnass, weil ich immer wieder ausrutsche, die Hände sind eiskalt und werden von den Eiskristallen aufgekratzt, bis sie bluten.
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Könnt ihr euch vorstellen wie köstlich jetzt eine Gulaschsuppe und ein Bier schmecken?
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Ein Schelm der Böses dabei denkt 😉
Wofür diese Stange gut ist, konnte ich nicht ergründen, aber es wurde definitiv nicht daran getanzt!
Und wer Nachts mal zur Toilette musste, musste sich das wirklich gut überlegt, denn die einzige Toilette ist 200 mtr von der Hütte entfernt.
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Über Victor gab es einen Film im ZDF. Ich habe ihn auf YouTube gefunden, solltet ihr euch unbedingt mal anschauen. Die Ziege hat er leider nicht mehr, heute läuft er mit einem Schäferhund.

Tag 8 – Morskie Oko

Gestern bin ich auf der slowakischen Seite hoch gekommen und heute werde ich auf der polnischen Seite wieder herunter steigen. Mein Ziel der der See Morskie Oko. Der Grat bildet die Grenze zwischen der Slowakei und Polen. Der Weg führt wieder über ein Schneefeld, aber das sieht nicht so steil aus und wird nicht so schlimm sein, wie gestern der Anstieg zu Hütte.
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Die Hohe Tatra ist dafür bekannt, dass sich innerhalb weniger Minuten das Wetter total verändert. Da schaue ich eben noch in einen annähernd blauen Himmel, und dann schaffe ich es nicht mehr, die Regenjacke aus dem Rucksack zu holen, ohne die ersten Tropfen abzubekommen. Jetzt sieht es aus, als ob ich mir meinen Weg ertasten müsste.
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Ein klein wenig mulmig ist mir schon dabei, durch die dichten Wolken zu laufen. Ich erkenne kaum den Weg und die Wegmarkierungen erst, wenn ich direkt davor stehe. Aber auf dem Berg lässt man sich nicht allein. Ein Gruppe Polen, zwei Männer und eine Frau, sehen mir meine Unsicherheit wohl an und fragen mich auf Englisch, ob ich mich Ihnen nicht anschließen möchte. Sie gehen den Weg nicht zum ersten mal und kennen sich gut aus. Gerne schließe ich mich ihnen an. So stapfe ich durch den Schnee hinter ihnen her. Die Sicht wird immer schlechter und ich bin froh, mir den Weg nicht allein suchen zu müssen.

Nach einer halben Stunde haben wir den Grat erreicht und sind auf die polnische Seite der Hohen Tatra gewechselt. Aber die Wolken sind immer noch die gleichen. Langsam tasten wir uns durch die dichte Nebelschwaden über dicke Felsbrocken bergab. Dann erreichen wir den Klettersteig. Ich wusste, dass es auch auf dieser Seite einen Klettersteig gibt, aber so anstrengend wie gestern beim Aufstieg ist er hier nicht. Wir rücken näher zueinander auf, halten uns im Blick und helfen uns gegenseitig. Schweißgebadet machen wir am Fuße des Klettersteigs eine Pause. Ab jetzt laufen wir nur noch über Felsen und grobe steinige Wege. Die Wolken begleiten uns weiterhin und es dauert noch fast zwei Stunden, bis wir endlich die Wolkendecke durchdrungen haben. Hier verabschieden wir uns herzlich voneinander. Die drei wollen noch weiter, während ich die letzten hundert Höhenmeter zum See hinabsteige.
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Durch die dichten Bäume kann ich ab und zu den See im Tal erkennen, aber alles wirkt grau in grau.
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Der Weg windet sich an einem Wasserfall ins Tal herunter.
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Immer mehr Wanderer kommen mir auf meinem Weg entgegen. Wo wollen die hin, ein paar Meter höher beginnen die Wolken und den See kann man kaum erkennen.
Als ich das Ufer erreiche blicke ich mich um und schaue mir noch einmal an, über welchen Weg ich ins Tal gekommen bin. Viel kann ich nicht erkennen, lediglich die letzten hundert Höhenmeter, irgendwo da oben ist der Gipfel des Rysy.

Beim Blick zum Ufer traue ich meinen Augen kaum. Wo bin ich denn hier gelandet?
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Trotz der vielen Menschen habe ich problemlos ein Zimmer in der Hütte bekommen, nur ins Restaurant kam ich wegen Überfüllung nicht hinein.
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Erst als es anfängt zu dämmern, wird es langsam leerer. Auch die letzten Tagesausflügler haben sich auf den mehr als zweistündigen Fußmarsch ins Tal gemacht. Als ich später im Dunklen im Regen vor der Hütte stehe, bin ich endlich alleine und genieße die Ruhe.

Tag 9 – Zakopane

Am letzten Tag meiner Tour habe ich keine Eile und genieße ausgiebig das Frühstück mit deftigem Brot, Gurken, grober Leberwurst und fetter Hartwurst. Ist ja Urlaub, da kann ich auch einmal so etwas essen. Wenn ich aus dem Fenster schaue, blicke ich in einen trüben Morgen und ab und zu fallen auch dicken Regentropfen.
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Gegen zehn stehe ich vor dem Haus und wundere mich nicht, dass mir bereits ein Heer von Ausflüglern entgegenkommt.
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Die Waldschäden erschrecken mich sehr, es ist so traurig diese vielen kahlen Bäume anzuschauen.
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Nach etwas mehr als zwei Stunden erreiche ich das Ende dieses breit angelegten Wanderweges. Hier ist auch der Eingang in den Nationalpark Hohe Tatra wenn man zum See hinauf möchte. Die Hinweisschilder künden ein Aufstieg von zweieinhalb Stunden an. Ich kann kaum glauben was ich sehe, bestimmt 50 Busse und hunderte Autos. Es gibt Kassenhäuschen, an denen der Eintritt entrichtet werden muss, Imbiss- und Andenkenstände und Menschen über Menschen.
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Und dann liegt auch schon das Hochgebirge hinter mir. Vor mir breiten sich sanfte Hügel und weite Täler aus.
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Nach ein paar Kilometern stehe ich unerwartet mitten in der Bochumer Fußgängerzone an einem verkaufsoffenen Sonntag. Ups – ach nee – das ist Zakopane. Ein typischer Touristenort, voller Restaurants, Sportgeschäften und Andenkenläden, aber auch Kinderkarusselle und Losbuden. Speisekarten sind in polnisch, englisch und russisch. Die meisten Gerichte bestehen aus viel Grillfleisch, ein T-Bone-Steak ist 700 Gramm schwer.
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Hier endet meine Tour. Ich finde den Bahnhof und fahre mit dem Zug um die Hohe Tatra herum wieder nach Stary Smokovec in der Slowakei. Ich bin froh, dem Trubel auf polnischer Seite zu entfliehen und freue mich noch einmal die Ruhe auf slowakischer Seite zu spüren. Mein Auto steht noch immer am Bahnhof und wartet auf mich.

 


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